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Action

Israel/OPT: Palästinensischer Arzt nach Festnahme gefoltert

Update!

Khaled Al Serr wurde am 30. September 2024 freigelassen. Vielen Dank an alle, die die Aktion unterstützt und sich für seine Freilassung eingesetzt haben!

Der palästinensische Arzt Khaled Al Serr (32) wurde am 24. März 2024 von der israelischen Armee im Nasser-Krankenhaus im Gazastreifen festgenommen. Er wurde gefoltert und benötigt dringend medizinische Versorgung!

Im März 2024 umstellte die israelische Armee das Nasser-Krankenhaus in Khan Yunis im Süden des Gazastreifens. Trotz der Gefahr entschied der junge Chirurg Khaled Al Serr, zurückzubleiben und sich um die Kranken und Verwundeten zu kümmern. Als die Armee das Krankenhaus stürmte, wurde Khaled Al Serr festgenommen.

Bis zum 4. Juli 2024 blieben sein Schicksal und sein Aufenthaltsort unbekannt. Er wird im Militärgefängnis Ofer im besetzten Westjordanland ohne Anklage oder Gerichtsverfahren festgehalten. Dr. Khaled Al Serr berichtete seinem Anwalt, dass er gefoltert und gedemütigt wurde und ihm der Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung verweigert wird.

Die Festnahme von medizinischem Personal im Dienst und ihr Verschwindenlassen ist Teil der anhaltenden israelischen Angriffe auf das Gesundheitssystem und die Infrastruktur in Gaza. Nach Kenntnis von Amnesty International handelte Dr. Khaled Al Serr getreu seinen Verpflichtungen als Angehöriger eines medizinischen Berufs und sollte als solcher respektiert und geschützt werden.

Dr. Khaled Al Serr befindet sich in Haft, weil er seine Patient*innen nicht im Stich lassen wollte. Er muss sofort bedingungslos freigelassen werden.

Der palästinensische Chirurg Dr. Khaled Al Serr gehörte zu den Beschäftigten, die sich entschieden, im Nasser-Krankenhaus in Khan Younis im Süden des Gazastreifens zu bleiben und sich um die Patient*innen zu kümmern, als das Krankenhaus von der israelischen Armee umstellt wurde. Seinen Kolleg*innen zufolge wurde Dr. Khaled Al Serr festgenommen, als die israelische Armee, die das Krankenhaus umstellt hatte, dessen Räumlichkeiten stürmte. Nach Kenntnis von Amnesty International handelte Dr. Khaled Al Serr getreu seinen Verpflichtungen als Angehöriger eines medizinischen Berufs und sollte als solcher respektiert und geschützt werden.

Die Familie von Khaled Al Serr erfuhr über seine Kolleg*innen von seiner Festnahme am 24. März 2024, hat aber seither von den israelischen Behörden keinerlei Informationen über seinen Zustand, seinen Verbleib oder die Gründe seiner Festnahme erhalten. Die wenigen Informationen, die seine Angehörigen erhalten haben, stammen von entlassenen Mitinhaftierten von Dr. Khaled Al Serr.

Ein freigelassener Mitgefangener berichtete den Medien, er habe gesehen, wie er gefoltert wurde. So habe man ihm u. a. den Bart mit einer Pinzette ausgezupft. Die von Amnesty International und anderen unabhängigen Menschenrechtsorganisationen zusammengetragenen Zeugenaussagen von inhaftierten und kürzlich freigelassenen Beschäftigten im palästinensischen Gesundheitswesen deuten darauf hin, dass die israelischen Behörden – und zwar sowohl Angehörige des Militärs als auch der israelischen Gefängnisbehörde – inhaftiertes medizinisches Personal routinemäßig Folter und anderen Misshandlungen aussetzen.

Festnahme von medizinischem Personal

Die Festnahme von medizinischem Personal im Dienst und dessen Verschwindenlassen ist Teil der anhaltenden israelischen Angriffe auf das Gesundheitssystem und die Infrastruktur in Gaza. Im Gesundheitswesen Beschäftigte müssen aufgrund von Militäroperationen und der Blockade einer angemessenen Versorgung mit medizinischem Bedarf und Treibstoff bei der Pflege ihrer Patient*innen immer entsetzlichere und unmenschlichere Bedingungen ertragen. Sie sind überlastet und arbeiten in langen Schichten ohne Zugang zu Nahrungsmitteln und sauberem Wasser. Darüber hinaus fällt das Kommunikationsnetz häufig aus. Nach Angaben des Amts der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten sind seit dem 5. Juni nur noch 16 der 36 wichtigsten Krankenhäuser, die früher über zwei Millionen Palästinenser*innen im Gazastreifen versorgten, teilweise funktionsfähig. Noch dazu ist die Art der medizinischen Leistungen, die sie erbringen können, stark eingeschränkt.

Der Weltgesundheitsorganisation zufolge wurden seit November 2023 mindestens 214 Beschäftigte im Gesundheitswesen von der israelischen Armee festgenommen. Nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums befinden sich mindestens 106 der Beschäftigten in Haft oder sind "verschwunden", viele von ihnen unter Umständen, die dem Verschwindenlassen gleichkommen.

Verschwindenlassen und unrechtmäßige Inhaftierung

Das Verschwindenlassen ist eine Menschenrechtsverletzung und ein Verbrechen unter dem Völkerrecht. Wird es im Rahmen eines umfassenden oder systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung begangen, kann es nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Folter und andere Misshandlungen sind nach dem Völkerrecht absolut verboten und können Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen. Willkürliche Festnahmen verstoßen ebenfalls gegen die Verpflichtungen Israels aus den internationalen Menschenrechtsnormen und dem humanitären Völkerrecht.

Darüber hinaus müssen in bewaffneten Konflikten Beschäftigte und Einrichtungen des Gesundheitswesens, die ihre humanitären Aufgaben wahrnehmen, respektiert und geschützt werden und dürfen niemals vorsätzlich angegriffen werden.

Wie israelische Menschenrechtsorganisationen berichten, haben die israelischen Behörden seit dem 7. Oktober 2023 und insbesondere seit Beginn der Bodenoperationen im besetzten Gazastreifen Ende Oktober auf das Gesetz zu ungesetzlichen Kombattant*innen und andere nicht näher bezeichnete Bestimmungen zurückgegriffen, um Tausende von Palästinenser*innen aus dem besetzten Gazastreifen ohne Anklage oder Gerichtsverfahren zu inhaftieren, sie an jeglichem Kontakt zur Außenwelt zu hindern und die meisten von ihnen, darunter auch Dr. Khaled Al Serr, außerhalb des Schutzes des Gesetzes unter Bedingungen festzuhalten, die dem Verschwindenlassen gleichkommen.

Die Anwendung des Gesetzes über ungesetzliche Kombattant*innen und dessen Ergänzungen, die Verweigerung des Zugangs zu Rechtsbeiständen, die Weigerung, das Schicksal und den Aufenthaltsort Inhaftierter bekannt zu geben, die Verweigerung des Rechts auf ein faires Gerichtsverfahren und die gut dokumentierte Anwendung von Folter und anderen Misshandlungen gegen inhaftierte Palästinenser*innen, insbesondere gegen solche aus dem besetzten Gazastreifen, sind allesamt eklatante Verstöße gegen Israels Verpflichtungen aus dem humanitären Völkerrecht und internationalen Menschenrechtsnormen. Folter und andere Misshandlungen sowie das Verschwindenlassen sind Verbrechen unter dem Völkerrecht. Die willkürliche Inhaftierung bei einem bewaffneten Konflikt und einer Besatzung ist ein Kriegsverbrechen. Derartige Handlungen können, wenn sie im Rahmen eines umfassenden oder systematischen Angriffs auf die Zivilbevölkerung erfolgen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit unter dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofs darstellen.