© Bodo Marks / Dpa / Picturedesk.com
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„Lobau bleibt“-Aktivist in Polizeigewahrsam Rippe gebrochen: Keine strafrechtlichen Folgen für Polizisten

19. Jänner 2023

Am 19. Februar 2022 wurde einem Aktivisten der „Lobau bleibt“-Bewegung im Polizeianhaltezentrum Rossauer Lände eine Rippe gebrochen. Der Maßnahmenbeschwerde des 49-jährigen Aktivisten wurde heute vom Verwaltungsgericht Wien stattgegeben. Die von der Polizei angewandte Gewalt war unverhältnismäßig. Trotzdem bleibt sie für die Täter*innen ohne strafrechtliche Folgen: Das Strafverfahren lief ins Leere und wurde eingestellt. Wie kann das sein?  

„Keiner hat etwas gesehen“ 

Dass dem Aktivisten in Polizeigewahrsam die Rippe gebrochen wurde, steht außer Zweifel. Er wurde in der Zelle von einem Arzt untersucht, der ihm aber Haftfähigkeit bescheinigte. Nachdem er nach fast 24 Stunden aus der Haft entlassen wurde, ließ sich der Betroffene umgehend im Spital untersuchen, wo die Verletzungen festgestellt und mit Röntgenbildern dokumentiert wurden. Wie ist es dann möglich, dass die Gewalt folgenlos für den Täter bleibt? Der Richter des Verwaltungsgerichts Wien stellte fest, dass es zu unverhältnismäßiger Gewaltanwendung gekommen ist. Doch es blieb unklar, welcher der Beamten den Kniestoß ausgeführt hat. Denn keiner der Beamten übernahm Verantwortung für den Kniestoß ins Kreuz, der den Rippenbruch verursachte. Und: “Keiner von ihnen hat etwas gesehen“, wie der Richter kommentierte.

Wie kann es sein, dass unverhältnismäßige Polizeigewalt vom Verwaltungsgericht festgestellt wird, aber das für den Täter keine strafrechtlichen Konsequenzen hat? Der aktuelle Fall macht einmal mehr deutlich, dass Polizeigewalt in Österreich endlich unabhängig und wirksam untersucht werden muss.

Teresa Exenberger Advocacy & Research Officer bei Amnesty International Österreich

Kein Einzelfall

Leider ist der Fall des Aktivisten kein Einzelfall. In Österreich herrscht bei Polizeigewalt ein Klima der Straflosigkeit. Wir beobachten seit Jahren, dass Polizeigewalt nicht wirksam untersucht wird. Misshandlungsvorwürfe gegen Polizist*innen führen fast nie zu einem Strafantrag, strafrechtliche Verfahren werden meist – wie auch in diesem Fall – eingestellt. Betroffene, die Anzeige erstatten, sind im schlimmsten Fall sogar mit einer Gegenanzeige wegen Verleumdung konfrontiert. Die Ursache für diese Missstände liegt auf der Hand: Polizist*innen ermitteln in diesen Verfahren gegen ihre eigenen Kolleg*innen. Die führt zu Interessenskonflikten und fehlender Unparteilichkeit der involvierten Beamt*innen. Auch ein starker Korpsgeist innerhalb der Polizei kann dazu verleiten, dass sich die Polizist*innen in den Ermittlungen gegenseitig decken.  

Polizeigewalt muss endlich unabhängig untersucht werden 

Polizeigewalt kann nachweislich verhindert werden, wenn sie wirksam untersucht und verfolgt wird. Deshalb fordern wir seit langem eine unabhängige Ermittlungsstelle, die Polizeigewalt untersucht. Dabei ist zentral, dass die Stelle in keiner hierarchischen oder institutionellen Verbindung zur Polizei und unbedingt außerhalb der Weisungsbefugnis des Innenministeriums stehen muss. Leider lässt die im Regierungsprogramm 2020-2024 angekündigte unabhängige Ermittlungs- und Beschwerdestelle, die Misshandlungsvorwürfe in Zukunft wirksam untersuchen soll, noch immer auf sich warten. Der aktuelle Fall zeigt wieder einmal deutlich auf: Es ist höchste Zeit für die Regierung, zu handeln!