Internationaler Standard und menschenrechtliche Verpflichtung
International ist eine Kennzeichnungspflicht als Standard anerkannt und in Europa in den meisten Ländern umgesetzt. Nur in einigen wenigen Staaten – neben Österreich sind es Italien, die Niederlande, Luxemburg und Zypern – gibt es gar keine Form der Kennzeichnungspflicht von Polizeibeamt*innen. Auch der EGMR betont die Notwendigkeit einer Kennzeichnungspflicht.
Fehlender politischer Wille – Österreich hat Nachholbedarf
In Österreich existiert die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht schon lange, im aktuellen Regierungsprogramm ist sie allerdings nicht zu finden. „Immer wieder gibt es Stimmen für die Einführung einer Kennzeichnungspflicht, aber es scheitert am Widerstand einzelner bzw. am fehlenden politischen Willen“, kritisiert Hashemi-Zehetner. „Dabei würde auch diese Maßnahme, ähnlich wie die Einführung der Ermittlungsstelle, das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei stärken.“ In den letzten Jahren habe in Österreich ein Klima der Straflosigkeit bei Fällen von Polizeigewalt geherrscht, so die Amnesty-Geschäftsführerin. Eine der Ursachen dafür: „Sogar wenn Fehlverhalten klar festgestellt wird, kann die*der Polizist*in oftmals nicht identifiziert werden.“ Mit anderen Worten: Zwar steht fest, dass unrechtmäßige Polizeigewalt eingesetzt wurde, aber es ist nicht klar, wer konkret das entsprechende Fehlverhalten gesetzt hat. Und im Zweifel kommt es daher zu einem Freispruch aller involvierter Beamt*innen, da niemandem eine individuelle Schuld nachgewiesen werden kann. „Das ist für die Opfer und Betroffenen ein Schlag ins Gesicht.“
„Dass vor kurzem die neu eingerichtete Ermittlungs- und Beschwerdestelle ihre Arbeit aufgenommen hat und Misshandlungsvorwürfe und Polizeigewalt nun konsequent untersucht werden, ist sehr erfreulich. Aber damit wirksam strafrechtlich ermittelt werden kann, braucht es die Kennzeichnungspflicht, die als internationaler Menschenrechtsstandard erprobt und anerkannt ist. Viele europäische Länder machen es vor – Österreich muss jetzt nachziehen“, appelliert Shoura Hashemi daher an die politisch Verantwortlichen. Um der Forderung Nachdruck zu verleihen startet Amnesty International heute auch eine Petition, mit der für die Einführung einer Kennzeichnungspflicht unterschrieben werden kann.