Leistungen wie Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe oder diverse Wohnförderungen seien keine Almosen, sondern Ansprüche, auf die die Menschen in Österreich ein Recht hätten. „Allein sich diesen Aspekt bewusst zu machen, führt oft zu einem anderen Zugang – sowohl bei den Betroffenen als auch bei den Verantwortlichen, die die Regelung der Sozialleistungen beschließen.“ Amnesty fordert schon länger eine menschenrechtskonforme Neuregelung der Sozialhilfe, bei der die Menschen nicht länger zu Bittsteller*innen gemacht und die bestehenden Hürden im Zugang zur Sozialhilfe abgebaut werden.
Sozialhilfe deckt nicht die Lebensrealitäten ab
Im Zusammenhang mit dem Thema Wohnen braucht es laut Amnesty ebenfalls ein Umdenken: Die derzeitige Regelung der Sozialhilfe sieht vor, dass Wohnförderungen auf die Sozialhilfe angerechnet werden. Sprich Empfänger*innen einer Wohnförderung erhalten weniger Sozialhilfe. Manche Bundesländer haben in ihren Ausführungsgesetzen für die Deckung von Lebenserhaltungs- bzw. Wohnkosten auch eine prozentuelle Aufteilung vorgesehen, in Niederösterreich und Salzburg sind es etwa 60 zu 40. Mit anderen Worten heißt das: 60 Prozent der Sozialhilfe sollen für die Ausgaben des täglichen Lebens, 40 Prozent für die Begleichung der Wohnkosten aufgewendet werden. „Das entspricht aber absolut nicht den Lebensrealitäten, in denen die Menschen stecken“, so Hashemi. Aufgrund des Mangels an leistbarem Wohnraum übersteigen die tatsächlichen Wohnkosten oft den Betrag, der dafür vorgesehen wäre – das sind aktuell 462 Euro bei einem Einpersonenhaushalt. Wenn also eine allein lebende Person es nicht schafft, mit diesen 462 Euro ihre Miete zu bezahlen, muss sie auch jenen Teil der Sozialhilfe, der für die Lebensunterhaltskosten vorgesehen ist, fürs Wohnen aufbringen – und damit bleibt ihr weniger für die sonstigen Ausgaben.
„Das perfide an der Regelung ist: Den Menschen, die tatsächlich geringere Wohnkosten haben als durch die Sozialhilfe festgesetzt, wird die Sozialhilfe um diesen Betrag gekürzt. Das heißt also: Der Gesetzgeber legt durch die Höchstsätze der Sozialhilfe und die darin vorgesehene Aufteilung fest, wie viel für Wohnen bezahlt werden darf. Schafft man den unwahrscheinlichen Fall und kann günstiger wohnen, wird einem der Rest der Hilfe gestrichen. Ist es so wie in den meisten Fällen, dass der gesetzlich vorgesehene Betrag nicht genügt, dann muss man auf den Rest des ausgezahlten Geldes zurückgreifen und es bleibt einem weniger für Essen, Heizen etc.“, so die Amnesty-Geschäftsführerin. Das wiederum führt dazu, dass die Menschen – vor allem gegen Ende des Monats – oft in kalten Wohnungen sitzen, weil sie das Geld statt für die Energierechnung in Essen, Schulsachen für die Kinder etc. stecken müssen.