© Andrew Stanbridge / Amnesty International
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presse

Myanmar: Neue Beweise für Menschenrechtsverletzungen

11. Februar 2019

Militär blockiert Zivilist*innen Zugang zu Lebensmitteln und humanitärer Hilfe – Über 5.200 Menschen vertrieben

Das Militär in Myanmar bombardiert seit Anfang Jänner im Bundessstaat Rakhine Dörfer und blockiert Zivilist*innen den Zugang zu Lebensmitteln und humanitärer Hilfe. Die Sicherheitskräfte setzen außerdem vage formulierte und repressive Gesetze ein, um in der Region Menschen festzunehmen. Das zeigen aktuelle Recherchen von Amnesty International.

„Diese jüngsten Einsätze zeigen: Das Militär in Myanmar schert sich nicht um Menschenrechte. Das Bombardieren von bewohnten Dörfern und das Zurückhalten von Lebensmitteln ist unter keinen Umständen zu rechtfertigen“, sagt Tirana Hassan, Direktorin des Krisenreaktionsteams von Amnesty International.

Das Militär in Myanmar schert sich nicht um Menschenrechte. Das Bombardieren von bewohnten Dörfern und das Zurückhalten von Lebensmitteln ist unter keinen Umständen zu rechtfertigen.

Tirana Hassan, Direktorin des Krisenreaktionsteams von Amnesty International

Truppen, die schon an Gewalttaten gegen die Rohingya im August und September 2017 beteiligt waren, wurden in den vergangenen Wochen erneut im Bundesstaat Rakhine eingesetzt. Das zeigen Berichte, die Amnesty International erhalten hat.

„Obwohl die internationale Gemeinschaft die Gräueltaten des myanmarischen Militärs einhellig verurteilte, deuten alle Anzeichen darauf hin, dass die Streitkräfte nun skrupellos noch schwerere Verstöße begehen“, sagt Tirana Hassan.

Anschläge der Arakan Army

Am 4. Jänner, dem Unabhängigkeitstag Myanmars, verübte die bewaffnete ethnische Gruppe Arakan Army im Norden des Bundesstaates Rakhine koordinierte Anschläge auf vier Polizeiposten. Dabei wurden Berichten zufolge 13 Polizist*innen getötet. Die Arakan Army ist Teil eines Zusammenschlusses bewaffneter Gruppen im Norden des Landes, die gegen das Militär kämpfen.

In den vergangenen Jahren hat die Gruppe begonnen, sich stärker auf den Chin-Staat und den Bundesstaat Rakhine zu konzentrieren. Daher kommt es dort zu sporadischen Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften.

Nur wenige Tage nach den Anschlägen vom 4. Jänner wies die Zivilregierung von Myanmar das Militär an, die Arakan Army in einem Einsatz zu „vernichten“. Ein Regierungssprecher bezeichnete die bewaffnete Gruppe als „terroristische Organisation“. Das Militär hat seither große Kapazitäten und zahlreiche Truppen in die Region verlagert. Unter ihnen befinden sich laut Angaben lokaler Aktivist*innen und laut Medienberichten auch Soldat*innen des 99. Leichten Infanterieregiments. Amnesty International und andere Organisationen haben aufgezeigt, dass dieses Regiment an Gräueltaten gegen die Rohingya im Jahr 2017 und gegen ethnische Minderheiten im Shan-Staat im Jahr 2016 beteiligt waren.

Mehr als 5.200 Zivilist*innen vertrieben

Nach UN-Angaben sind bis zum 28. Jänner im Zuge der fortgesetzten Kämpfe über 5.200 Männer, Frauen und Kinder vertrieben worden. Die Mehrzahl der Vertriebenen gehören vornehmlich buddhistischen Minderheiten an, wie den Mro, Khami, Daingnet und Rakhine.

Amnesty International konnte am Telefon mit 11 Personen sprechen, die von den bewaffneten Auseinandersetzungen betroffen waren, sowie mit Mitarbeiter*innen von Hilfsorganisationen und Aktivist*innen im Bundesstaat Rakhine. Die meisten gaben an, geflohen zu sein, nachdem die Sicherheitskräfte ihre Dörfer beschossen und den Zugang zu Lebensmitteln eingeschränkt hatten.

„Das Militär in Myanmar handelt seit Jahren auf die gleiche grausame Weise und muss nun endlich zur Rechenschaft gezogen werden. Der UN-Sicherheitsrat muss die neuen Erkenntnisse dringend dem Internationalen Strafgerichtshof vorlegen“, sagt Tirana Hassan.

Hintergrund

Im September 2018 forderte eine Untersuchungskommission der Vereinten Nationen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren und die Strafverfolgung hochrangiger myanmarischer Beamt*innen wegen völkerrechtlicher Verbrechen gegen die Rohingya im Bundesstaat Rakhine und gegen ethnische Minderheiten im Kachin-Staat und im Shan-Staat.