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Newsblog: Coronavirus und Menschenrechte

Eine beispiellose Bedrohung wie die Coronavirus-Pandemie erfordert und rechtfertigt durchaus extreme Maßnahmen, wie sie von Regierungen auf der ganzen Welt getroffen wurden. Jede der getroffenen Maßnahmen muss jedoch verhältnismäßig sein.

Regierungen müssen die öffentliche Gesundheit bestmöglich schützen und jene Menschen unterstützen, die am stärksten von negativen Auswirkungen bedroht sind.

In unserem Newsblog findest du Analysen und Recherchen von Amnesty International zur COVID-19-Pandemie.

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COVID-19: Pharmaunternehmen haben 2021 zur Menschenrechtskatastrophe beigetragen

14. Februar 2022

Ein aktueller Amnesty-Bericht legt das Versagen der Pharmaunternehmen bei der globalen Impfstoffversorgung offen. Trotz Milliarden an öffentlichen Fördermitteln stellen Pharmaunternehmen Profite über Menschenleben. Entgegen nachdrücklicher Forderungen im Jahr 2021, die gleichmäßige Verteilung von Corona-Impfstoffen zu garantieren, sind die Pharmaunternehmen der Herausforderung des Jahrhundertereignisses einer globalen Gesundheits- und Menschenrechtskrise nicht gerecht geworden. Stattdessen haben die Firmen ein Monopol auf Technologien erhoben. Sie blockierten und lobbyierten gegen die Freigabe von geistigem Eigentum, verlangten hohe Preise für Impfstoffe und priorisierten Lieferungen an wohlhabende Länder. Das zeigt eine neue Amnesty-Analyse der führenden COVID-19-Impfstoff-Hersteller*innen.

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Amnesty-Stellungnahme zur Impfpflicht in Österreich: Gesundheit schützen, Verhältnismäßigkeit wahren

11. Jänner 2022

Eine Impfpflicht stellt grundsätzlich einen Eingriff in das Recht auf Privatleben dar. Gleichzeitig kann eine Verpflichtung zur Impfung gerechtfertigt und sogar menschenrechtlich geboten sein, um das Recht auf Leben und Gesundheit anderer sowie die öffentliche Gesundheit zu schützen. Dabei muss jedoch die Verhältnismäßigkeit gewahrt und ganz besonders auf Nicht-Diskriminierung und auf das Kindeswohl geachtet werden, wie Amnesty International Österreich in einer Stellungnahme zum geplanten COVID-19-Impfpflichtgesetz festhält.

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AMNESTY-Bericht: Meinungsfreiheit im Zuge der COVID-19-Pandemie weltweit stark eingeschränkt

19. Oktober 2021

Staaten nützen die Gesundheitskrise, um freie Berichterstattung zu zensurieren. Seit Beginn der weltweiten COVID-19-Pandemie schränkten viele Regierungen die Arbeit von Journalist*innen und Menschenrechtsaktivist*innen stark ein. Dadurch wurde der Zugang zu aktuellen Informationen zur globalen Gesundheitskrise erschwert und Fehlinformationen konnten sich leichter ausbreiten, wie aus dem neuen Bericht Silenced and Misinformed: Freedom of Expression in Danger During Covid-19 von Amnesty International hervorgeht.

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Reiche Staaten und Pharmakonzerne haben im Jahr 2021 katastrophal dabei versagt, einen gleichberechtigten Zugang zu Impfstoffen zu gewährleisten. Milliarden Menschen wurden dieses Jahr ohne lebensrettende Medikamente im Stich gelassen.

Trotz wiederholter Aufrufe von Amnesty International und anderen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO), dafür zu sorgen, dass bis Ende 2021 mindestens 40% der Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen geimpft sind, haben reiche Staaten und Pharmaunternehmen diese Aufforderungen weiterhin ignoriert.

„Obwohl weltweit rund 11 Milliarden Impfstoffdosen produziert wurden, haben nur sieben Prozent der Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen eine einzige Dosis erhalten. Warum wird ärmeren Ländern der Zugang zu lebensrettenden Medikamenten verwehrt, während reiche Länder auf ihren ungenutzten Vorräten sitzen bleiben?“, sagt Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International.

Obwohl weltweit rund 11 Milliarden Impfstoffdosen produziert wurden, haben nur sieben Prozent der Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen eine einzige Dosis erhalten. Warum wird ärmeren Ländern der Zugang zu lebensrettenden Medikamenten verwehrt, während reiche Länder auf ihren ungenutzten Vorräten sitzen bleiben?

Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International

DEN Teufelskreis durchbrechen

„Das Auftauchen der Omikron-Variante sollte ein Weckruf für die wohlhabenden Staaten und Pharmaunternehmen sein, die es versäumt haben, die Pandemie auf globaler Ebene zu bekämpfen. Wenn sie es verabsäumen, alle Menschen zu impfen – egal woher sie kommen – bleibt die gesamte Weltbevölkerung anfällig für neue Varianten. Die einzige Möglichkeit, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, besteht darin, dafür zu sorgen, dass alle Menschen Zugang zu Impfstoffen haben“, so Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International.

In diesem Jahr haben Staats- und Regierungschefs aus aller Welt zahlreiche Versprechungen über die gemeinsame Nutzung von Impfstoffen gemacht, die sie jedoch immer wieder nicht eingehalten haben. Im Juni verpflichtete sich der G7-Gipfel, bis Ende 2021 eine Milliarde Impfdosen zur Verfügung zu stellen, doch Berichten zufolge ist dieses Ziel noch nicht erreicht worden. Im September verpflichteten sich US-Präsident Joe Biden und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, bis September 2022 zusätzlich 900 Millionen Dosen für Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu spenden. Dies ist zwar ein begrüßenswerter Schritt, doch die ärmeren Länder brauchen die Impfstoffe gerade jetzt. 

Pharmaunternehmen müssen Menschenrechte achten

Auch die Pharmaunternehmen haben es verabsäumt, sich der Herausforderung zu stellen. Der US-Pharmariese Pfizer hat irreführende Erklärungen abgegeben, dass sein „Impfstoff jedem*jeder Patient*in, jedem Land und jeder Gemeinschaft zur Verfügung stehen würde, die den Zugang wünscht“, während er in Wirklichkeit die große Mehrheit seiner Impfstoffe an Länder mit hohem und mittlerem Einkommen geliefert hat. Das konkurrierende Unternehmen Moderna konnte seinen Impfstoff nur mit Unterstützung von Wissenschaftlern der US-Regierung und enormer finanzieller Hilfe entwickeln, hat aber ebenfalls den Verkauf an reiche Länder bevorzugt. Beide Unternehmen liefern immer noch weniger als 1% ihrer Bestände an Länder mit niedrigem Einkommen.

Moderna und Pfizer haben sich zusammen mit anderen Impfstoffherstellern, AstraZeneca und Johnson & Johnson, auch geweigert, Maßnahmen zu unterstützen, die den Schutz geistigen Eigentums vorübergehend aufheben und die Impfstofftechnologie mit anderen Herstellern in der ganzen Welt teilen würden, um eine Ausweitung der weltweiten Produktion zu ermöglichen.

Alle Unternehmen haben die Verantwortung, Menschenrechte zu achten. Diese Verantwortung bedeutet vor allem, dass die Unternehmen „keinen Schaden anrichten“ dürfen. Wenn sie feststellen, dass sie die Ursache von Menschenrechtsverletzungen sind, müssen sie ihre schädlichen Handlungen sofort einstellen und für Abhilfe sorgen. Das ist ein weithin anerkannter Standard des erwarteten Verhaltens, wie er in den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte und den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen festgelegt ist. 

Doch durch ihre Entscheidungen haben die Impfstoffhersteller letztendlich Menschenrechtsverletzungen verursacht oder dazu beigetragen, dass Milliarden von Menschen, die keinen Zugang zum COVID-19-Impfstoff haben, darunter leiden.

Düsterer Ausblick auf 2022: Was wird passieren, wenn große Teile der Welt ungeimpft bleiben?

„Letztes Jahr um diese Zeit wurde der erste Impfstoff verabreicht. Mehr als 365 Tage später haben viele Menschen in den wohlhabenderen Ländern bis zu drei Dosen erhalten, während viele Menschen in den ärmeren Ländern keine einzige bekommen haben. Wir stehen vor der düsteren Realität, die durch die brutale Klarheit der Pandemie noch verstärkt wird, dass einige Leben einfach als rettungswürdiger angesehen werden als andere. Das ist ein wirklich verheerendes Jahresende“, sagt Agnès Callamard und sagt weiter: „Wir hatten gehofft, dass der internationale Druck den reichen Staaten und den großen Pharmaunternehmen helfen würde, zur Vernunft zu kommen, das Horten von Impfstoffen zu beenden und die Rechte am geistigen Eigentum zu teilen, aber die Gier war stärker.“

Hoffen wir, dass die Vorsätze reicher Staaten und großer Pharmakonzerne für das neue Jahr darin bestehen, ihre Versprechen einzulösen und dafür zu sorgen, dass jede*r die Möglichkeit hat, sich impfen zu lassen.

Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International

„Viele Länder mit niedrigem Einkommen kämpfen jetzt mit einer tödlichen neuen Variante, während die Mehrheit ihrer Bevölkerung noch nicht einmal geimpft ist. Wenn jetzt keine drastischen Maßnahmen ergriffen werden, wird COVID-19 noch jahrelang verheerenden Schaden anrichten, und die entscheidende Frage lautet nun: Was wird passieren, wenn große Teile der Welt ungeimpft bleiben? Noch nie war es so klar, dass niemand sicher ist, solange nicht alle sicher sind,“ sagt Agnès Callamard.

Amnesty-Aktion "2 Milliarden Impfdosen in 100 Tagen!"

Seit dem 22. September 2021 hat Amnesty International im Einklang mit anderen Organisationen wie der WHO wohlhabende Staaten und Pharmaunternehmen aufgefordert, einen gleichberechtigten Zugang zu COVID-19-Impfstoffen zu gewährleisten, damit bis Ende des Jahres 2021 mindestens 40% der Bevölkerung in Staaten mit geringem Einkommen geimpft werden können.

Der Pharmakonzern Pfizer macht irreführende Angaben über sein Engagement für eine faire Impfstoffverteilung. Sein Bekenntnis zu Impfgerechtigkeit und Wissensaustausch entpuppt sich als PR-Maßnahme, während das Unternehmen weiterhin einen Großteil der Impfdosen an reichere Länder liefert. Dies geht aus einem neuen Bericht von Amnesty International hervor.

„Pfizer beteuert seine Verpflichtung, Impfdosen an Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu liefern, aber die Zahlen sagen etwas anderes. Tatsache ist, dass der Konzern immer noch den Profit in den Vordergrund stellt“, kritisiert Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich. Das Unternehmen setzt sich in einer weltweiten Kampagne für eine globale Impfstoffgerechtigkeit ein und möchte auch in Österreich aufzuzeigen, dass die Profitgier von einigen Unternehmen Hunderttausende Menschenleben kostet.

Wir befinden uns immer noch mitten in einer beispiellosen globalen Gesundheits- und Menschenrechtskrise. Es ist daher wichtig, dass alle Länder der Welt so schnell wie möglich Zugang zu Impfstoffen haben.

Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich

Geschönte Formulierungen

Das Management von Pfizer hat wiederholt behauptet, dass der Konzern bis Ende des Jahres mindestens eine Milliarde Dosen an «Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen» geliefert haben wird. Doch die Formulierung ist irreführend: Anders als die Weltbank, die Volkswirtschaften zu Analysezwecken in vier Einkommensgruppen (niedriges, unteres mittleres, oberes mittleres und hohes Einkommen) einteilt, hat Pfizer in seinen Erklärungen Länder mit niedrigem, unterem und oberem mittleren Einkommen – über 84 Prozent der Weltbevölkerung – zu einer einzigen Gruppe zusammengefasst und sie als „niedriges und mittleres Einkommen“ bezeichnet. Innerhalb dieser sehr weit gefassten Kategorie ging der Großteil der Impfdosen von Pfizer an Länder mit einem „oberen mittleren“ Einkommen wie Malaysia, Mexiko und Thailand.

Nur 15 Millionen Dosen an die ärmsten Länder

Pfizer erklärte, bis Ende September insgesamt zwei Milliarden Dosen weltweit verschickt zu haben. In einem Schreiben an Amnesty International vom November gab das Unternehmen jedoch zu, dass davon nur 154 Millionen Dosen – weniger als acht Prozent der Gesamtmenge – 42 Länder mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen erreicht hatten. Davon wiederum wurden laut Pfizer weniger als 10 Prozent (d.h. 15,4 Millionen) an Länder mit niedrigem Einkommen verteilt.

So sehr das Unternehmen die Tatsachen schönreden will, die Zahlen sind eindeutig – der Großteil der Dosen geht immer noch in die reicheren Teile der Welt.

Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich

Verhinderung von Technologietransfer und Wissensaustausch

Auch die Behauptung von Pfizer seine „wissenschaftlichen Instrumente und Erkenntnisse zu teilen“, entspricht nicht der Wahrheit. Sie steht in krassem Gegensatz zu der Tatsache, dass das Unternehmen sich nicht am COVID-19 Technology Access Pool (CTAP) beteiligt, der Daten und Wissen weltweit bündelt. Auch der WHO-Drehscheibe für den Technologietransfer von mRNA-Impfstoffen in Südafrika blieb Pfizer bislang fern und verzögert damit die Entwicklung von Produktionsstätten in Afrika. Pfizer hat sich auch aktiv gegen die TRIPS-Ausnahmeregelung der Welthandelsorganisation eingesetzt, die eine vorübergehende Aussetzung der Patentrechte vorsieht und eine Ausweitung der weltweiten Produktionskapazitäten für COVID-19-Impfstoffe ermöglichen würde. Auch die anderen europäischen und US-amerikanischen Hersteller von COVID-19-Impfstoffen, BioNTech, Moderna, Johnson & Johnson und AstraZeneca, haben die gemeinsame Nutzung von Technologien blockiert und Lobbyarbeit gegen die vorgeschlagene TRIPS-Ausnahmeregelung geleistet.

Hunderttausende von Menschenleben stehen auf dem Spiel

Amnesty International unterstützt mit der Kampagne 100 Tage Countdown: 2 Milliarden Impfstoffe jetzt! das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, bis Ende des Jahres 40 Prozent der Menschen in Ländern mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen zu impfen. Laut Amnesty kann dieses Ziel erreicht werden, wenn die Pharmaunternehmen die Hälfte der zwischen dem 21. September und dem 31. Dezember 2021 produzierten Impfstoffe an 82 Länder mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen liefern, wenn die Staaten die Millionen überschüssiger Impfstoffe, die sich derzeit in ihren Beständen befinden, umverteilen und wenn Staaten und Pharmaunternehmen die weltweite Versorgung mit COVID-19-Impfstoffen durch den Austausch von Wissen und Technologie rasch erhöhen.

Noch sei es für die Pharmaunternehmen nicht zu spät, das Blatt zu wenden, meint auch Annemarie Schlack: „Wenn sie jetzt handeln, könnten sie dazu beitragen, dass bis Ende des Jahres 1,2 Milliarden Menschen in Ländern mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen zusätzlich geimpft werden – und mindestens 2 Millionen* Leben retten.“

HinweisE

  • * Das Analyseunternehmen Airfinity schätzt, dass pro 100 Millionen gelieferter Impfdosen zwischen 100.000 und 225.000 Menschenleben gerettet werden können. Falls das Ziel 1,2 Milliarden Menschen in Ländern mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen zusätzlich zu impfen, erreicht wird, könnten demnach mindestens 2 Millionen Menschenleben gerettet werden.
  • In seiner Antwort an Amnesty International sagte Pfizer: „Wir erkennen an und sind besorgt über das relativ geringe Tempo, mit dem die Impfstoffe die Länder mit niedrigem Einkommen erreicht haben, aber es ist auch wichtig, anzuerkennen, dass sich etwa zwei Drittel der 1,3 Milliarden in Armut lebenden Menschen in Ländern mit mittlerem Einkommen befinden. In den Ländern mit unterem mittlerem und oberen mittlerem Einkommen leben derzeit 75 Prozent der Weltbevölkerung und 62 Prozent der Armen der Welt. Nichtsdestotrotz gehen wir davon aus, dass es bis zum Jahresende zu einem erheblichen Anstieg der Dosislieferungen kommen wird, wobei der Schwerpunkt auf den Ländern mit niedrigem und unterem mittlerem Einkommen liegt, die von den globalen Zielen weiter entfernt sind.“
  • Zur Frage der geistigen Eigentumsrechte fügte Pfizer hinzu, dass „der Rahmen für geistiges Eigentum Innovationen schützt und einen sicheren Transfer von technischem Wissen ermöglicht“ und dass das Unternehmen „weiterhin Möglichkeiten aufgreifen wird, neue Partner in sein Lieferkettennetzwerk einzubinden, um den Zugang zum COVID-19-Impfstoff weiter zu beschleunigen.“

Der US-Pharmakonzern Pfizer hat im dritten Quartal 14 Milliarden US-Dollar Umsatz mit Impfstoffen gemacht und wird aufgrund der Einführung des Corona-Impfstoffs bis zum Ende des Jahres 36 Milliarden US-Dollar mit dem Verkauf von Impfstoffen verdienen. Gleichzeitig behindert er die Impfung von Millionen von Menschen weltweit.

Patrick Wilcken, Leiter der Abteilung Wirtschaft und Menschenrechte von Amnesty International, sagt dazu: „Dass Pfizer in der Lage war, allein in den letzten drei Monaten Milliarden US-Dollar Umsatz zu machen, aber Milliarden von Menschen keinen Impfstoff zur Verfügung gestellt hat, ist ein Versagen von katastrophalem Ausmaß. Nicht nur ging der überwiegende Teil des Pfizer-Impfstoffs an Länder mit hohen und mittleren Einkommen, der Konzern hat sich auch geweigert, auf seine geistigen Eigentumsrechte zu verzichten und seine Impfstofftechnologie mit anderen zu teilen. Gleichzeitig erhielt er Vorbestellungen aus wohlhabenden Ländern und staatliche Gelder in Milliardenhöhe."

Der scheinbar unstillbare Profitdurst großer Pharmaunternehmen wie Pfizer führt zu einer beispiellosen Menschenrechtskrise. Bleibt dies unkontrolliert, ist das Recht von Milliarden von Menschen auf der ganzen Welt auf Leben und Gesundheit weiterhin in Gefahr.

Patrick Wilcken, Leiter der Abteilung Wirtschaft und Menschenrechte bei Amnesty International

ES IST NOCH NICHT ZU SPÄT: 2 Milliarden Impfstoffe in 100 Tagen jetzt verteilen!

„Mit der 100-Tage-Countdown-Kampagne unterstützt Amnesty International das Ziel der Weltgesundheitsorganisation, bis Ende 2021 40 % der Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen gegen Corona zu impfen. Es sind nur noch 59 Tage bis zum Ende des Jahres. Für die Staaten sind das 59 Tage, um dringend Hunderte von Millionen überschüssiger Impfdosen, auf denen sie sitzen, zu verteilen und für die Impfstoffentwickler, um sicherzustellen, dass mindestens die Hälfte der Dosen, die sie produzieren, an die weniger wohlhabenden Länder geht", sagt Patrick Wilcken und sagt weiter:

„Es ist noch nicht zu spät für Pfizer und andere große Pharmafirmen, das Richtige für die Menschheit zu tun und ihre Menschenrechtsverpflichtungen zu erfüllen. Ende des Monats treffen sich die WTO-Mitglieder in Genf, um über die TRIPS* -Ausnahmeregelung zur vorübergehenden Aufhebung der Rechte an geistigem Eigentum zu beraten, wodurch die weltweiten Produktionskapazitäten für Corona-Impfstoffe erweitert werden könnten. Die Pharmaindustrie muss aufhören, gegen die Ausnahmeregelung zu lobbyieren, damit die weltweite Produktion angekurbelt und diversifiziert werden kann und jeder Mensch auf der Welt eine Chance auf den lebensrettenden Impfstoff erhält.“ 

Der Amnesty International 100-Tage-Countdown ruft Staaten und Pharmaunternehmen dazu auf, Impfstoffe mit Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu teilen, damit bis Ende 2021 weitere Millionen Menschen vor Corona geschützt werden können. Jetzt mitmachen!

*Abkürzung für das im Rahmen der Uruguay-Runde des GATT am 15.4.1994 geschlossene Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (BGBl. II 1730), dem nicht nur die Mitgliedsstaaten der EU, sondern auch die EU selbst angehört. Mehr dazu

Die Regierungschef*innen der G20-Staaten müssen Gier und Egoismus beiseitelassen und für eine gerechte weltweite Verteilung von Covid-19-Impfstoffen sorgen, so Amnesty International im Vorfeld des diesjährigen G20-Gipfels, der vom 30. bis 31. Oktober in Rom stattfinden soll.

500 Millionen Impfdosen in reichen Ländern gehortet

Im November letzten Jahres trafen sich die Staats- und Regierungschef*innen der 20 größten Volkswirtschaften virtuell zu ihrem jährlichen G20-Gipfel. Damals wollten sie sicherstellen, dass Covid-19-Impfstoffe weltweit für alle verfügbar sind. Doch die mächtigsten Länder haben es versäumt, das Leben von Millionen von Menschen zu schützen. Stattdessen haben sie sich dafür entschieden, Impfstoffe zu horten, was ein Jahr später zu einer vorhersehbaren und äußerst verheerenden Impfstoffknappheit für den Rest der Welt geführt hat. In den reichen Ländern lagern derzeit schätzungsweise 500 Millionen Dosen.

Agnès Callamard, Internationale Generalsekretärin von Amnesty International, kommentierte das mit folgenden Worten: „Die Einführung der Impfstoffe begann im Dezember letzten Jahres und brachte einer Welt, die durch Covid-19 gelähmt war, Hoffnung und rettete Millionen von Menschenleben. Seit der ersten Verabreichung des Impfstoffs ist die Zahl der Todesopfer jedoch von 1,3 Millionen auf fast 5 Millionen im Jahr 2021 angestiegen. Grund dafür ist die große Ungleichheit beim Zugang zum Impfstoff.“

Während G20-Länder eine Impfrate von rund 63 % aufweisen, konnten sich in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen bislang nur 10 % der Bevölkerung impfen lassen.

Agnès Callamard, Generalsekretärin von Amnesty International

„Der schiere Egoismus und die Habgier, die hinter diesen 5 Millionen Toten stehen, sind unfassbar. Was haben die Verantwortlichen im letzten Jahr getan, außer Impfstoffe zu horten und zusammen mit den großen Pharmakonzernen aktiv zur Impfstoffknappheit beizutragen? Die Millionen von Toten zeigen eine erschütternde Missachtung menschlichen Lebens, eine beunruhigende moralische Akzeptanz, Profit über Leben zu stellen, und eine eklatante Vernachlässigung ihrer globalen Verpflichtungen von Seiten der Verantwortlichen.“

Die G20-Länder bestellten und kauften 2020 den Großteil der Covid-19-Impfstoffe, noch bevor diese überhaupt zugelassen waren. Viele Länder legten einen Vorrat an, um ihre Bevölkerung mehrmals impfen zu können. Im Jahr 2021 horten sie nach wie vor überschüssige Dosen und ziehen es vor, auf ihnen sitzen zu bleiben, anstatt sie mit denjenigen zu teilen, die sie am dringendsten benötigen.

Die zeit drängt

Am 22. September 2021 startete Amnesty International eine weltweite Kampagne, die das Ziel der Weltgesundheitsorganisation unterstützt, bis zum Jahresende 40 % der Bevölkerung in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu impfen. Der 100-Tage-Countdown: 2 Milliarden Covid-19-Impfdosen jetzt! Wir fordern Regierungen mit überschüssigem Vorrat an Impfdosen auf, diese bis Ende des Jahres an andere Länder zu weiterzugeben.

„Während einige Länder zugesagt haben, Impfstoffe umzuverteilen, haben viele noch immer keinen klaren Zeitplan vorgelegt – einige haben sich erst zum September nächsten Jahres verpflichtet, Impfstoffe zu verteilen“, kritisierte Agnès Callamard.

„Die Impfstoffe müssen jetzt verteilt werden. Das ist im Interesse aller, vor allem, wenn wir sicherstellen wollen, dass die Grenzen wieder geöffnet werden können und sich unsere Weltwirtschaft auf faire Weise erholen kann. Die Uhr tickt: Es ist jetzt an der Zeit zu handeln.“

Im Vorfeld des G20-Gipfels wird Amnesty International gemeinsam mit Mitgliedern der Peoples Vaccine Alliance die Staats- und Regierungschefs der G20 auffordern, jetzt Impfstoffe zu verteilen. Der Druck soll mit einem Medienauftritt am 29. Oktober in Rom noch erhöht werden.

Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich müssen mit Repressalien rechnen, weil sie sich während der COVID-19-Pandemie kritisch zu Wort gemeldet haben.

Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegesektor in Italien, die während der COVID-19-Pandemie Bedenken über schlechte und unsichere Arbeitsbedingungen in Pflegeheimen äußerten, wurden unfairen Disziplinarverfahren unterworfen und mussten Vergeltungsmaßnahmen seitens ihrer Arbeitgeber*innen befürchten, wie ein neuer Bericht von Amnesty International zeigt.

Anstatt auf ihre Gesundheits- und Sicherheitsbedenken einzugehen, z. B. in Bezug auf die Verwendung persönlicher Schutzausrüstungen und die tatsächliche Zahl der COVID-19-Fälle in Pflegeheimen, brachten die Arbeitgeber*innen die Beschäftigten zum Schweigen, oft durch ungerechtfertigte Entlassungen, und gingen mit gewerkschaftsfeindlichen Maßnahmen gegen sie vor.

Die Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich standen im Kampf gegen COVID-19 an vorderster Front. Sie wurden von der italienischen Regierung für ihre harte Arbeit unter entsetzlichen Umständen gefeiert. Doch dieselben Beschäftigten wurden von ihren Arbeitgeber*innen zum Schweigen gebracht, als sie versuchten, ihre Bedenken hinsichtlich der Sicherheit ihrer Patient*innen und ihrer eigenen Sicherheit zu äußern.

Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich

Menschenrechtliche Auswirkungen der COVID-19-Pandemie: Prekäre Arbeitsbedingungen verschärft

Der aktuelle Bericht ist Teil einer europaweiten Kampagne von Amnesty zu den menschenrechtlichen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen. In Österreich wurde die Situation der 24-Stunden-Betreuer*innen mit einem umfassenden Bericht analysiert. In Italien sprach Amnesty International zwischen Februar und August 2021 mit 34 Gesundheits- und Pflegefachkräften, die während der Pandemie in Pflegeheimen arbeiteten, sowie mit Gewerkschafter*innen, Rechtsanwält*innen und Rechtsexpert*innen. Die Interviews zeichnen das Bild eines stark weiblich geprägten Sektors, der unter Personalmangel, niedrigen Löhnen und prekären Arbeitsbedingungen leidet, die durch die schlimmste Pandemie seit einem Jahrhundert noch verstärkt werden. Die Tendenz, Pflege- und Gesundheitsfachkräfte in Italien zum Schweigen zu bringen, ist außerdem Teil eines alarmierenden globalen Trends, in dem die Behörden während der Pandemie weltweit das Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt haben, wie Amnesty International wiederholt feststellte. Auch in Ländern wie Polen, Russland, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten wurden Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich angegriffen, weil sie ihre Meinung äußerten.

Hoher Preis: Zwei Drittel der am Arbeitsplatz Infizierten waren aus dem Gesundheitsbereich

Die Pandemie hat dem Personal in Italiens Pflegeheimen, das zu 85 Prozent aus Frauen besteht, einen hohen Tribut abverlangt. Offiziellen Statistiken zufolge waren 65,6 Prozent aller Arbeitnehmer*innen, die sich in Italien am Arbeitsplatz mit COVID-19 infizierten, im Gesundheits- und Pflegebereich beschäftigt. Fast ein Viertel der Arbeitnehmer*innen, die nach einer Ansteckung am Arbeitsplatz starben, waren Angestellte im Gesundheitswesen und in Pflegeheimen.

Disziplinarische und gewerkschaftsfeindliche Maßnahmen

Neben der ständigen Angst vor Ansteckung begleitete die Arbeitnehmer*innen auch ein Klima der Angst und der Repressalien. Ein Drittel der Beschäftigten, mit denen Amnesty International sprach, äußerte sich darüber besorgt. Anwält*innen berichteten über mehr als ein Dutzend Fälle von Disziplinarverfahren und Entlassungen, die sich gegen Beschäftigte richteten, darunter auch gegen Gewerkschaftsvertreter*innen, die Bedenken hinsichtlich des Mangels an angemessenen Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen in verschiedenen Pflegeheimen äußerten.

Pflegesektor durch Todesfälle erschüttert – Probleme weiterhin ungelöst

Bereits im Dezember 2020 wies Amnesty International darauf hin, dass die italienischen Behörden es verabsäumt haben, angemessene Maßnahmen zum Schutz älterer Menschen in Pflegeheimen zu ergreifen, einschließlich ihres Rechts auf Leben, Gesundheit und Schutz vor Diskriminierung. Bis zum 29. September 2021 starben in Italien mehr als 130.200 Menschen an COVID-19, mehr als 95 Prozent von ihnen waren älter als 60 Jahre. Einigen Schätzungen zufolge starben 8,5 Prozent aller in Pflegeheimen lebenden älteren Menschen in Italien in den ersten Monaten der Pandemie. Die Impfkampagne, die sich vorrangig an die Bewohner*innen von Pflegeheimen sowie an das Gesundheits- und Pflegepersonal richtete, führte zu einem Rückgang der Morbidität und Mortalität sowohl bei älteren Menschen als auch bei den Beschäftigten in Pflegeheimen. Doch die seit langem bestehenden Probleme in diesem Sektor, darunter niedrige Löhne und die Überrepräsentation von Frauen in einem Sektor mit schlechten Arbeitsbedingungen, bleiben weiterhin ungelöst.

Unabhängige Untersuchung dringend erforderlich

Amnesty International fordert das italienische Parlament auf, einen unabhängigen Untersuchungsausschuss einzurichten, der die Reaktion der Behörden auf die COVID-19-Pandemie mit besonderem Augenmerk auf die Pflegeheime untersucht. Ein solcher Ausschuss muss sich auch mit den ernsthaften Bedenken der Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaften in Bezug auf Gesundheit, Sicherheit und schlechte Arbeitsbedingungen während der COVID-19-Pandemie und davor befassen. Obwohl sich einige Vorschläge im Anfangsstadium befinden, wurde noch keine Untersuchung genehmigt. „Die italienischen Behörden müssen sicherstellen, dass die Stimmen der Arbeitnehmer*innen gehört werden“, fordert auch Annemarie Schlack.

Es ist wichtig, dass das italienische Parlament eine unabhängige Untersuchung genehmigt, damit Lehren gezogen werden können, ähnliche Fehler verhindert werden können und den Menschen, die unnötigerweise starben und denen, die zu Unrecht entlassen wurden, Gerechtigkeit widerfährt.

Annemarie Schlack, Geschäftsführerin von Amnesty International Österreich