Warum sprechen wir von Frauenrechten? Sind die Rechte von Frauen nicht mitgemeint, wenn von Menschenrechten die Rede ist? Hat nicht jedermann – und somit auch jede Frau! – von Geburt an die gleichen Rechte?
Im Prinzip ja – in Realität leider nein. Weltweit erleiden Frauen und Mädchen Menschenrechtsverletzungen, weil sie Frauen und Mädchen sind. Gemäß Schätzungen «fehlen» rund 100 Millionen Frauen auf dieser Welt, weil sie schon vor der Geburt abgetrieben oder als Baby getötet wurden. Tausende von Frauen werden in Kriegen vergewaltigt. Jede fünfte Frau wird von ihrem Ehemann bedroht, geschlagen oder sexuell missbraucht. Etwa 3 Millionen Frauen werden jedes Jahr an den Geschlechtsteilen verstümmelt.Alle diese Menschenrechtsverletzungen haben mit den Rollen und Pflichten zu tun, die Frauen in der Gesellschaft zugewiesen werden – und mit der Tatsache, dass Menschenrechte im «Privatbereich» ungenügend geschützt werden und ihre Verursacher meist straflos davonkommen.
Die Forderungen von Amnesty International
Regierungen sind völkerrechtlich dazu verpflichtet, Gewalt gegen Frauen zu verhindern, entsprechende Straftaten zu verfolgen und die Täter zu bestrafen. Im Krieg wie im Frieden, im «Öffentlichen» wie im «Privaten». Amnesty International übt Druck auf die Staaten aus, damit sie dieser Pflicht nachkommen und
- frauendiskriminierende Gesetze abschaffen,
- Frauen vor Gewalt schützen,
- Gewaltakte ahnden und Gewalt gegen Frauen verhindern,
- geschlechtsspezifische Gewalttaten untersuchen und die Gewalttäter bestrafen,
- Frauen Zugang zu Rechtsprechung und Rechtsmitteln verschaffen,
- Strukturen für den Schutz und die Unterstützung von gewaltbetroffenen Frauen einrichten und bestehende Strukturen in diesem Bereich unterstützen
- MenschenrechtskämpferInnen und -organisationen schützen und unterstützen.
Weiter setzt sich Amnesty dafür ein, dass auch nichtstaatliche Akteure, zum Beispiel religiöse oder gemeinschaftliche Instanzen, sich aktiv gegen die alltägliche Gewalt an Frauen einsetzen.
Frauenrechte sind Menschenrechte
… das war leider nie so selbstverständlich wie es klingt. Die Autoren der „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ in der Französischen Revolution von 1789 verstanden nur die Männer als Rechtssubjekte. Die Schweiz konnte sich fast 700 Jahre lang als älteste Demokratie der Welt bezeichnen, ohne dass Frauen politisch gleichberechtigt waren. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 verspricht zwar allen Menschen, dass sie ihre Rechte frei von Diskriminierung wahrnehmen können. In der Praxis wurde das Völker- und Menschenrechtssystem jedoch weiterhin vor allem von Männern ausgestaltet, die die Lebensrealitäten von Frauen kaum im Blick hatten.Vor allem die Trennung zwischen «öffentlichem» und «privatem» Bereich schloss Frauen von der Wahrnehmung ihrer Menschenrechte jahrzehntelang aus. Denn Menschenrechtsverletzungen an Frauen geschehen vor allem im «Privaten». Erst in den 80er Jahren begann eine ernsthafte internationale Diskussion darüber, dass der Staat auch Verpflichtungen hat im Bezug auf Menschenrechtsverletzungen durch Privatpersonen. Und erst im Gefolge der Wiener Weltkonferenz über Menschenrechte von 1993 wurden diese Verpflichtungen in Bezug auf Gewalt gegen Frauen in internationalen Erklärungen und Abkommen verdeutlicht.Die Frauenrechtsverteidigerin und französische Revolutionärin Olympe de Gouges musste 1793 mit dem Leben dafür büssen, dass sie in ihrer „Erklärung der Rechte der Frau und der Bürgerin“ die Ausweitung der Menschenrechte auf das «Private» und die Gleichstellung der Frauen in der Öffentlichkeit forderte.
Aber auch heute noch riskieren Frauen vielerorts ihr Leben, wenn sie sich für ihre Rechte stark machen. Sie brauchen unsere Unterstützung – für die Rechte der Frauen weltweit!
Wir möchten eine gerechte und inklusive Sprache, die alle Menschen repräsentiert, verwenden. Wir schreiben bewusst von Frauen, da wir explizit alle Menschen, die sich als Frauen identifizieren, damit benennen - unabhängig von biologischen Gegebenheiten, Aussehen oder anderen Zuschreibungen.