© ViktarBabaryka HQ (Photo: Pasha Kritchko)
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Belarus: Maryia Kalesnikava in Lebensgefahr

8. September 2024

Maryia Kalesnikava wird wegen ihrer prominenten Rolle bei den Wahlen 2020 und den anschließenden friedlichen Protesten in Belarus seit vier Jahren willkürlich in Haft gehalten. Seit mehr als 500 Tage hat sie keinen Kontakt zur Außenwelt. Ihr werden Anrufe, Besuche und Briefe untersagt, und sie darf auch nicht mit anderen Gefangenen sprechen. Vertraulichen Quellen zufolge hat sich Maryia Kalesnikavas Gesundheitszustand sehr verschlechtert, und sie wiegt nur noch 45 Kilo. Die Verweigerung medizinischer Versorgung stellt eine Form von Folter bzw. anderer Misshandlung dar. Maryia Kalesnikava ist dadurch in Lebensgefahr.

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Maryia Kalesnikava wird seit weit mehr als einem Jahr der Kontakt zur Außenwelt verwehrt, und ihr sich dadurch verschlechternder Gesundheitszustand gibt Anlass zu großer Sorge. Ihre Haftbedingungen stellen Folter und andere Misshandlungen dar und gefährden ihr Leben.

Die Oppositionsführerin wurde am 7. September 2020 festgenommen und später in einem unfairen Verfahren wegen konstruierter Anklagen des "Extremismus", der "versuchten Machtergreifung" und des "Aufrufens zu staatsgefährdenden Handlungen" zu elf Jahren Gefängnis verurteilt. Seit Februar 2023 wird ihr jeglicher Kontakt zur Außenwelt verwehrt und sie wird regelmäßig über längere Zeiträume in Strafzellen untergebracht. Während dieser Zeit war sie auf einen winzigen, geschlossenen Raum beschränkt, durfte nicht mit anderen Gefangenen kommunizieren und nur 30 Minuten pro Tag den Innenhof des Gefängnisses betreten. Maryia Kalesnikava leidet an einem Magengeschwür und anderen Krankheiten, die unter diesen unmenschlichen Bedingungen schnell fortschreiten. Dennoch wird ihr die erforderliche medizinische Versorgung verweigert. Aus vertraulichen Quellen hat Amnesty erfahren, dass sie sich in einem äußerst schlechten Gesundheitszustand befindet und stark abgenommen hat. 

Maria Kolesnikowa ist eine gewaltlose politische Gefangene. Sie muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden. Sie wurde ausschließlich als Vergeltung für ihre prominente Rolle als Herausforderin des Amtsinhabers bei den umstrittenen Präsidentschaftswahlen 2020 und bei den anschließenden friedlichen Protesten inhaftiert.

Hintergrund

Maryia Kalesnikava ist eine prominente politische Aktivistin, Protestführerin und Musikerin, die 2020 zum Symbol der friedlichen Protestbewegung für politischen Wandel und Menschenrechte in Belarus wurde, nachdem viele politische Gegner*innen willkürlich inhaftiert oder als Kandidat*innen für die Präsidentschaftswahlen am 9. August disqualifiziert worden waren. Swjatlana Tsikhanouskaja (Swetlana Tichanowskaja), Veranika Tsapkala und Maryia Kalesnikava forderten den amtierenden Präsidenten Aljaksandr Lukaschenka bei den Wahlen heraus und mobilisierten die Massenproteste gegen ihn.

Veranika Tsapkala verließ Belarus am 9. August 2020 aus Angst vor Repressalien. Nach dem erzwungenen Exil von Swjatlana Tsikhanouskaja am 10. August 2020 wurde Maryia Kalesnikava zur profiliertesten Oppositionsfigur in Belarus. Sie stand bei zahlreichen friedlichen Protesten in vorderster Reihe, stellte sich wiederholt Polizist*innen entgegen, die gewaltsam vorgingen, gab zahlreiche Medieninterviews und unterstützte Personen, die willkürlich festgenommen und in der Haft gefoltert wurden.

Maryia Kalesnikava fiel am 7. September 2020 dem Verschwindenlassen zum Opfer. Wie sich später herausstellte, wurde sie von Sicherheitskräften entführt und zur ukrainischen Grenze gebracht, wo sie sich weigerte, Belarus zu verlassen und aus Protest ihren Pass zerriss. Daraufhin wurde sie zusammen mit ihrem engen Mitarbeiter Maksim Znak inhaftiert und später in einem nicht-öffentlichen Verfahren wegen Verbrechen gegen den Staat schuldig gesprochen.

Die Haftbedingungen von Maryia Kalesnikava, einschließlich Haft ohne Kontakt zur Außenwelt, Isolation und Verweigerung medizinischer Versorgung, sind eine Repressalie für ihre prominente Rolle bei den friedlichen Protesten gegen die Behörden. Nach den internationalen Menschenrechtsstandards sollte Haft ohne Kontakt zur Außenwelt gänzlich verboten werden. Denn sie leistet Folter und anderen Formen der Misshandlung sowie dem Verschwindenlassen Vorschub. Je nach Situation kann diese Form der Inhaftierung selbst als Folter oder grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe gelten. Internationale Standards für die Behandlung von Gefangenen untersagen lange Einzelhaft – die Inhaftierung ohne wirklichen menschlichen Kontakt für mehr als 22 Stunden am Tag – über mehr als 15 aufeinanderfolgende Tage hinaus.

Maryia Kalesnikovas Familie hat zuletzt im Februar 2023 von ihr gehört. Seitdem darf sie nicht mehr angerufen oder besucht werden und auch keine Briefe empfangen. Die Behörden haben auch Rechtsbeistände ins Visier genommen, die sich bereit erklärt haben, Inhaftierte zu vertreten. So wurden zum Beispiel Aliaksandr Pylchenka, Liudmila Kazak und Uladzimir Pylchenka als Vergeltung für die Vertretung von Maryia Kalesnikova willkürlich aus der Anwaltskammer ausgeschlossen. Maryia Kalesnikova hat derzeit keine rechtliche Vertretung.

Jüngsten Informationen aus vertraulichen Quellen zufolge ist Maryia Kalesnikova aufgrund des für ihren Gesundheitszustand ungeeigneten Gefängnisessens unterernährt und hat stark abgenommen; sie wiegt derzeit nur noch 45 Kilogramm. Nach den Gefängnisvorschriften darf sie nur einmal alle zehn Tage für maximal 40 oder 80 Rubel (etwa 11-23 Euro) Lebensmittel im Gefängnisladen kaufen. Sie hat keinen Zugang zu einem Kühlschrank.

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