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Iran: Sharifeh Mohammadi droht die Hinrichtung

10. September 2024

Der Menschenrechtlerin Sharifeh Mohammadi droht die Hinrichtung, nachdem sie im Juni 2024 in Verbindung mit friedlichen Menschenrechtsaktivitäten zum Tode verurteilt worden war. Sie machte sich für Frauen- und Arbeitnehmer*innenrechte stark und setzte sich für die Abschaffung der Todesstrafe ein. Ihr Prozess entsprach nicht den internationalen Standards, und ihre Folter- und Misshandlungsvorwürfe wurden nie untersucht.

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Der Menschenrechtsverteidigerin Sharifeh Mohammadi droht die Hinrichtung, nachdem sie im Juni 2024 vor der Abteilung 1 des Revolutionsgerichts von Rascht in der Provinz Gilan zum Tode verurteilt worden war. Sie ist derzeit im Lakan-Gefängnis in der Provinz Gilan inhaftiert. Ihr Todesurteil wegen "bewaffneter Rebellion gegen den Staat" (baghi) basiert lediglich auf ihren friedlichen Menschenrechtsaktivitäten, u. a. ihrem Einsatz für Frauen- und Arbeitnehmer*innenrechte und die Abschaffung der Todesstrafe, sowie ihrer früheren Mitgliedschaft in der gewerkschaftsnahen Organisation Komiteye-Hamahangi. Ihr gegen das Todesurteil eingelegte Rechtsmittel ist derzeit vor dem Obersten Gerichtshof anhängig.

Am 5. Dezember 2023 wurde Sharifeh Mohammadi von Angehörigen des Geheimdienstministeriums willkürlich festgenommen und in eine Hafteinrichtung in Rascht gebracht, wo sie nach Angaben einer gut informierten Quelle gefoltert und misshandelt wurde, unter anderem durch wiederholte Tritte gegen die Beine. Einige Tage später wurde sie in das Lakan-Gefängnis verlegt und dort in Einzelhaft gehalten. Am 28. Dezember 2023 verlegte man sie in eine Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums in Sanandaj in der Provinz Kurdistan, die etwa 500 km von Rascht entfernt liegt. Gut informierten Quellen zufolge wurde sie dort gefoltert und misshandelt, um sie zu "Geständnissen" zu zwingen. Unter anderem verband man ihr die Augen, dann wurde sie ins Gesicht und auf den Kopf geschlagen, was zu sichtbaren Verletzungen führte. Ende Januar 2024 wurde sie in ein anderes Gefängnis in Sanandaj verlegt und zeigte ihre Folter an, es wurde jedoch keine Untersuchung durchgeführt. Vier Wochen später zog sie ihre Anzeige zurück, nachdem die Staatsanwaltschaft ihr mit einer längeren Inhaftierung im Gefängnis von Sanandaj gedroht hatte, wo sie zu diesem Zeitpunkt ohne Kontakt zur Außenwelt in Einzelhaft festgehalten wurde. Ende Februar 2024 verlegte man sie in das Lakan-Gefängnis zurück. 

Das Gerichtsverfahren von Sharifeh Mohammadi bestand aus einer 30-minütigen Anhörung, die am 9. Juni 2024 stattfand und in keiner Weise den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprach. Sie wurde per Videokonferenz aus dem Gefängnis zugeschaltet und durfte sich nicht äußern. In dem Urteil werden ihre friedlichen Menschenrechtsaktivitäten als "Beweismittel" gegen sie angeführt, u. a. der Besitz von Dokumenten, in denen Unterstützung für weibliche Gefangene zum Ausdruck gebracht wurde, sowie ihr Einsatz für die Abschaffung der Todesstrafe und ihre Verbindungen zu der gewerkschaftsnahen Organisation Komiteye-Hamahangi.

Hintergrund

Am 5. Dezember 2023 wurde Sharifeh Mohammadi von Angehörigen des Geheimdienstministeriums willkürlich in ihrer Wohnung in Rascht festgenommen. Die Sicherheitskräfte beschlagnahmten elektronische Geräte und andere persönliche Gegenstände und brachten sie in eine Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums in Rascht. Dort wurde die Menschenrechtlerin ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand wiederholt und teils mit verbundenen Augen verhört. Auch der Kontakt zu ihrer Familie wurde ihr verweigert. In den Verhören ging es um ihr menschenrechtliches Engagement; so wurde sie z. B. nach den Gründen für ihre Einstellung gegenüber der Todesstrafe gefragt und weshalb sie politische Gefangene unterstütze. Einige Tage später wurde sie in das Lakan-Gefängnis verlegt, wo sie in Einzelhaft festgehalten und weiterhin zu ihrem Aktivismus befragt wurde. Am 28. Dezember 2023 verlegte man sie unvermittelt in eine Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums in Sanandaj. Dort wurde sie weiter verhört und laut einer gut informierten Quelle auch gefoltert und in anderer Weise misshandelt, u. a. durch wiederholte Schläge ins Gesicht. Die Sicherheitskräfte wollten sie so dazu bringen, zu "gestehen", Verbindungen zur verbotenen kurdischen Oppositionsgruppe Komala zu haben. Sharifeh Mohammadi stritt dies jedoch wiederholt ab. Ende Januar 2024 wurde sie in ein anderes Gefängnis in Sanandaj verlegt und dort in Einzelhaft gehalten. Sie zeigte die Folter an, die sie in der Hafteinrichtung des Geheimdienstministeriums erlitten hatte, doch es wurde keine Untersuchung eingeleitet. Vier Wochen später wurde sie von der Staatsanwaltschaft unter Druck gesetzt, ihre Anzeige zurückzuziehen. Zu diesem Zeitpunkt waren die sichtbaren Verletzungen in ihrem Gesicht bereits verheilt, und Angehörige der Staatsanwaltschaft teilten ihr mit, dass sie, wenn sie eine Untersuchung wolle, weiterhin im Gefängnis von Sanandaj festgehalten und nicht in das Gefängnis von Lakan, das näher bei ihren Verwandten liegt, zurückverlegt würde. Ende Februar 2024 verlegte man Sharifeh Mohammadi in das Lakan-Gefängnis zurück, nachdem sie ihre Anzeige zurückgezogen hatte.

Seit den Protesten unter dem Motto "Frau, Leben, Freiheit" Ende 2022 machen die iranischen Behörden verstärkt von der Todesstrafe Gebrauch, um die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen und ihre Macht zu festigen. Unter anderem werden vermehrt politisch motivierte Todesurteile gegen Frauen verhängt. Die kurdische zivilgesellschaftliche Aktivistin Pakhshan Azizi wurde im Juli 2024 wegen "bewaffneter Rebellion gegen den Staat" (baghi) schuldig gesprochen und vor einem Revolutionsgericht allein aufgrund ihres friedlichen Engagements zum Tode verurteilt. Mindestens zwei weitere Frauen, Wrisha Moradi und Nasim Gholami Simiyari, wurden unabhängig voneinander ebenfalls wegen "bewaffneter Rebellion gegen den Staat" vor Gericht gestellt. Im Jahr 2023 vollstreckten die Behörden mindestens 853 Todesurteile. Angehörige der verfolgten belutschischen Minderheit, die etwa 5 % der iranischen Bevölkerung ausmachen, sind von der Anwendung der Todesstrafe unverhältnismäßig stark betroffen: 20 % aller Hinrichtungen im Jahr 2023 entfielen auf sie. Die Behörden haben die Exekutionen auch 2024 fortgesetzt und dabei auch Angehörige ethnischer Minderheiten und Andersdenkende ins Visier genommen. 

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