© Richard Burton
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Libyen: Aktivistin wegen Facebook-Post in Haft

9. September 2024

Am 13. Jänner 2024 nahmen Mitglieder der bewaffneten Gruppierung Internal Security Agency (ISA) die Aktivistin und Bloggerin Maryam Mansour al-Warfalli, bekannt als "Nakhla Fezzan", in Sabha im Süden Libyens fest. Die ISA ist mit den Libysch-Arabischen Streitkräften (LAAF) verbündet, einer mächtigen bewaffneten Gruppe, die de facto den Osten und Süden Libyens kontrolliert. Maryam Mansour al-Warfalli wurde ohne Haftbefehl festgenommen, nachdem sie die Art der Verteilung von Kochgas im Süden Libyens durch die LAAF kritisiert hatte. Seit fast acht Monaten wird sie ohne Anklage in der ISA-Zentrale in Bengasi festgehalten.

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Libyen ist derzeit zwischen zwei großen Akteuren aufgeteilt, die um Legitimität, Regierungsführung und territoriale Kontrolle konkurrieren. Die Regierung der Nationalen Einheit kontrolliert Tripolis und den größten Teil Westlibyens, während die Libysch-Arabischen Streitkräfte (LAAF), eine mächtige bewaffnete Gruppe, de facto den Osten und Süden Libyens kontrolliert.

Am 13. Januar 2024 nahmen Angehörige der bewaffneten Gruppe Internal Security Agency (ISA) die Aktivistin und Bloggerin Maryam Mansour al-Warfalli bei einer Befragung im ISA-Büro in Sabha im Süden Libyens fest. Die ISA ist mit der LAAF verbündet. Maryam Mansour Al-Warfalli ist unter dem Namen "Nakhla Fezzan" bekannt und seit Jahren eine lautstarke Kritikerin der Korruption und Misswirtschaft der Behörden im Süden Libyens. Ihre Festnahme erfolgte kurz nachdem sie auf Facebook die Art der Verteilung von Kochgas im Süden Libyens durch die LAAF kritisiert hatte.

Die ISA nahm Maryam Mansour Al-Warfalli ohne einen von einer zuständigen Justizbehörde ausgestellten Haftbefehl fest und hält sie seit fast acht Monaten ohne Anklage im ISA-Hauptquartier in Bengasi in Haft.

Am 2. Mai 2024 wurde Maryam Mansour Al-Warfalli von den Gefängnisbehörden an eine*n Psychiater*in überwiesen, der*die sie in das Krankenhaus von Bengasi einweisen ließ. Nach einem fünftägigen Krankenhausaufenthalt wurde sie von der ISA ohne ärztliche Zustimmung in das Hauptquartier in Bengasi zurückgebracht. Während der gesamten Zeit ihrer Inhaftierung wurden ihr keine Besuche gestattet, was ihre psychische Gesundheit stark belastete. Ihre Familie hat vor und nach dem islamischen Opferfest Eid al-Adha jeweils einmal telefonisch Informationen über sie erhalten. Ihre Mutter befindet sich derzeit in einem kritischen Gesundheitszustand, nachdem sie zwei Tage nach der Festnahme ihrer Tochter einen Autounfall hatte.

Hintergrund

Bereits 2017 erließ das mit der LAAF verbündete Repräsentantenhaus – das libysche Parlament – einen Erlass, mit dem die ISA-Kräfte dem Kommando der LAAF unterstellt wurden. Aussagen von Zeug*innen und andere von Amnesty International gesammelte Informationen deuten darauf hin, dass die ISA mit anderen bewaffneten Gruppen, die mit der LAAF verbunden sind, wie die Militärpolizei, die 128. Brigade und die bewaffnete Gruppe Tariq Ben Zeyad (TBZ), zusammenarbeitet und Gefangene an sie übergibt. Die bewaffneten ISA-Gruppen, die de facto unter der Autorität der LAAF operieren, haben jeweils ihre eigenen Kommandeure, die nominell alle einem einzigen obersten Kommandeur unterstehen. Er heißt Ousama Al-Dressi und wurde im November 2022 vom damaligen Präsidenten der konkurrierenden libyschen Regierung der nationalen Stabilität (später in "Libysche Regierung" umbenannt) ernannt. Angehörige der ISA haben erschütternde Menschenrechtsverletzungen begangen, um Kritiker*innen und Gegner*innen zum Schweigen zu bringen, einschließlich willkürlicher Inhaftierungen, Verschwindenlassen und Folter.

Am 6. April 2023 verabschiedete das Repräsentantenhaus ein neues Gesetz über die Reorganisation der ISA. Nach diesem Gesetz ist die ISA befugt, Investitionsprojekte und Unternehmen zu gründen und gegen eine Gebühr Sicherheitsdienstleistungen zu erbringen; sie untersteht nominell dem Ministerrat und hat ihren Sitz in Bengasi.

Am 10. Juli 2024 genehmigte das Repräsentantenhaus einstimmig den Haushalt 2024 mit einem Gesamtbetrag von 179 Milliarden LYD (36,80 Milliarden USD) für die "Libysche Regierung", die mit der LAAF und dem Repräsentantenhaus zusammenarbeitet. Dieser Haushalt sieht Mittel für bewaffnete Gruppen vor, die in der Vergangenheit Menschenrechtsverletzungen begangen haben, darunter auch die ISA.

Am 20. August 2024 unterzeichneten 60 libysche politische Parteien eine Erklärung, in der sie ihre Besorgnis über anhaltende willkürliche Festnahmen, Entführungen und Fälle des Verschwindenlassens sowie über die Repressionskampagne gegen die Zivilgesellschaft und Aktivist*innen im ganzen Land zum Ausdruck brachten.

Eine separate Gruppierung, die ebenfalls ISA heißt, ist im Westen Libyens tätig. Sie wird von Lotfi al-Harari geleitet und untersteht nominell dem Premierminister der Regierung der Nationalen Einheit.

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Bitte bis 4. November 2024 unterschreiben